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Revival der harten Faktoren im Management?

Das kennen wir alle – aus dem Projektmanagement-Seminar, dem Führungs-Coaching oder einem gescheiten Buch: Auf die Soft-Faktoren kommt es an. Standen in den 1980ern Methoden und Tools im Zentrum, hat sich das Blatt ab den 90ern allmählich gewendet. Seither lesen und hören wir, welch überragende Bedeutung dem Faktor Mensch für den Erfolg von Projekten und Unternehmen zukommt.


Die einschlägigen Projektmanagement-Vereinigungen haben «Weiche Faktoren» mittlerweile zum alles dominierenden Themenfeld erhoben. Man erhält zuweilen den Eindruck, zu Management und Organisation gebe es nichts anderes mehr, über das sich zu schreiben lohnt. Prozesse, Methoden und Tools finden sich auf dem Abstellgleis.


Diese Einseitigkeit gründet auf einem fundamentalen Missverständnis. Der herausragende Stellenwert des Weichen für den Erfolg der Zusammenarbeit und damit des Unternehmens, der Organisation, ist über jeden Zweifel erhaben. Die Betrachtung ist indessen eindimensional und beschränkt. Denn die Bedeutung ist nur ein Faktor in der Rechnung, wenn es darum geht, die Massnahmen mit dem grössten Beitrag an den Erfolg aufzuspüren. Gleichrangig ist der Faktor Beeinflussbarkeit.


Beim Risikomanagement ist folgender Zusammenhang hinlänglich bekannt: Die Relevanz eines Risikos resultiert aus der Eintrittswahrscheinlichkeit des Ereignisses mal die Dimension der Auswirkungen desselben. Beim Streit über Soft versus Hard scheint einfache Mathematik indes noch nicht angekommen. Denn die zweite Dimension bleibt hier meist aussen vor. Die Frage nämlich, welche Aspekte – von der Kultur über die Prozesse bis zu den Methoden und Instrumenten – sich wie erfolgreich und nachhaltig beeinflussen und damit verändern lassen. Dabei besteht bei den weichen Faktoren gerade darin die grosse Herausforderung.


«Methodik und Technik in der Managementlehre ist ein Revival zu wünschen.»

Konkret: Legt man der introvertierten Frau Zart nahe, sie solle aktiver auf Menschen zugehen, aus sich herauskommen und forscher auftreten, dann wird sie kaum widersprechen. Sie mag dies auch schon zigmal gehört haben. Und wenn Herr Ruppig im Führungsseminar erfährt, wie wichtig es für ihn als Teamleiter im Hinblick auf ein konstruktives Miteinander ist, Empathie und Einfühlungsvermögen zu zeigen, dann wird auch er dies kaum anzweifeln. Doch wie steht es um den Effekt dieser Lektion? Wir alle kennen solche Fälle und – seien wir ehrlich – da ist häufig nur sehr wenig zu holen. Im schlechtesten Fall gleich null. Spätestens nach der dritten wohlwollenden Ermutigung zur Veränderung hat es entweder funktioniert, oder es bleibt beim frommen Wunsch.


Methoden und ganz besonders Instrumente und Technologien entwickeln sich hingegen gerade aktuell rasant weiter. Die Rechnung ist schnell gemacht: Lässt sich ein «Hard Factor» mit dem einfachen Gewicht um 50 Prozent verbessern, dann ist der Effekt grösser, als wenn beim Faktor Mensch mit dem, sagen wir, doppelten Gewicht eine Veränderung von zehn Prozent hinzubekommen ist.


Nochmals: Es geht zuallerletzt darum, die Bedeutung des Menschen für den Erfolg von Organisationen oder Projekten infrage zu stellen. Daran wird auch die Künstliche Intelligenz wenig ändern. Es geht darum, das Veränderungspotenzial äquivalent in die Rechnung einzubeziehen. Hier scheinen wir, allen voran die Psychologen und Softberater, auf mindestens einem Auge blind. In diesem Sinne ist Methodik und Technik in der Managementlehre ein Revival zu wünschen. Wir brauchen eine sinnvolle Balance zwischen Soft und Hard.


Diese Kolumne erschien in der Dezember-Ausgabe 2023 des Swiss IT-Magazine. Sie können diesen hier als pdf herunterladen. Weitere spannende Beiträge finden Sie wie immer auch auf unserer Download-Seite.

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